Über das Thema Übersäuerung gibt es im Internet zahlreiche und z.T. sich widersprechende Informationen. Während viele Schulmediziner das Konzept „Übersäuerung“ für Quatsch halten, gilt es in der Alternativen Medizin und bei vielen Heilpraktikern als zumindest „beteiligt“ an fast allen sog. „Zivilisationskrankheiten“. Wie kommt es dazu? Mit diesem Beitrag versuche ich, ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen und die Entstehung und die Auswirkungen von chronischer Übersäuerung verständlich zu beschreiben.
Was genau ist „Übersäuerung“?
Unsere Zellen und unser Stoffwechsel bilden ein empfindliches Gleichgewicht, das nur in einer entsprechend gestalteten Umgebung optimal funktionieren kann. Das gilt auch für das Säure-Basen-Gleichgewicht. Aus dem Chemie-Unterricht von früher wissen sie vielleicht noch, dass die Säurehaltigkeit von Flüssigkeiten mit Hilfe von Lackmuspapier getestet wird und durch den „PH-Wert“ angegeben wird. Die „Kraftwerke“ in unseren Zellen funktionieren am besten bei einem Blut-Ph-Wert zwischen 7,34 und 7,45. Das ist eine relativ geringe Schwankungstoleranz, deshalb gibt es im Körper eine Menge an Ausgleichs- oder Puffer-Mechanismen.
In der Schulmedizin gilt eine akute Übersäuerung, also eine akute Azidose, als eine Entgleisung des Blut-Ph-Wertes. Dessen Auswirkungen sind so gravierend, dass eine akute Azidose immer ein lebensbedrohlicher Zustand ist und intensivmedizinisch behandelt werden muss.
In der Naturheilkunde geht es jedoch weniger um diese akuten Situationen, als um eine „chronische“ Azidose oder Übersäuerung. Diese macht sich weniger in einer Schwankung des Blut-PH-Wertes deutlich, als in einer Verlangsamung des Stoffwechsels bzw. durch negative Auswirkungen in den Ausgleichs- bzw. Puffermechanismen des Körpers. Da diese Auswirkungen viele Ausprägungen haben und sehr vielschichtig sind, ist eine genaue Diagnose einer chronischen Übersäuerung sehr schwierig zu stellen.
Eine ausführliche Darstellung zum Thema „Übersäuerung“ und deren Folgen finden Sie hier.
Diagnose durch PH-Wert Messung des Morgenurins
Einige Autoren meinen, dass mithilfe einer Kontrolle des PH-Wertes des Morgenurins festgestellt werden kann, ob man an Übersäuerung leidet, oder nicht. Diese Annahme ist falsch. Überschüssige Säure wird immer auch über die Nieren ausgeschieden, vor allem Morgens. Der Morgenurin ist also IMMER sauer, und es ist auch gut so, dass hierüber überschüssige Säure ausgeschieden wird.
Mit Hilfe der PH-Wert-Bestimmung des Urins läßt sich allenfalls überprüfen, wie gut die Ausgleichsmechanismen im Körper noch funktionieren. Grob gesagt soll man sich eine Zeitlang stark Basenhaltig ernähren und den Urin-PH-Wert testen, und dann wieder sehr Säurenlastig und wieder den PH-Wert testen. Wenn sich große Unterschiede zeigen, sind die Ausgleichsmechanismen noch sehr wirkungsvoll. Wenn nicht, ist der Körper übersäuert und scheidet auch in Phasen Basenhaltiger Ernährung noch sehr viel gespeicherte Säuren aus.
Wer seinen Urin-PH regelmäßig testen will, um seine Ernährung entsprechend zu ändern, findet hier sogar eine App dazu.
Wie kommt es zu einer chronischen Übersäuerung?
Eine wesentliche Auswirkung auf den Säure-Basen-Haushalt des Körpers hat unsere Ernährung. Mit dem, was wir essen, können wir den Säuren-Basen-Haushalt des Körpers entscheidend beeinflussen.
Dabei geht es nicht so sehr um die bei der Verdauung anfallende Magensäure oder die in den Lebensmitteln vorhandene Säure (Zitronen z.B. sind trotz ihrer Säurehaltigkeit für den Körper Basisch, während Milch für den Körper stark Säurebildend ist). Vielmehr geht es um die bei der chemischen Verdauung anfallenden Säuren: so fällt z.B. bei der Verdauung von tierischen Eiweissen (Aminosäuren) in hohem Masse Schwefelsäure an, die vom Körper verarbeitet werden muss. Auch einfache Kohlehydrate wie Zucker gelten als starke Säurebildner; zuerst nur in der Mundschleimhaut, was sich dann aber auf den gesamten Säure-Haushalt aus wirkt.
Ausscheidung über Organe
Die bei der Verdauung anfallenden Säuren werden nach einer Zwischenlagerung im Bindegewebe über das Blut zu den Ausscheidungsorganen Lunge, Niere und Haut gebracht. Hier werden die Säuren als Kohlendioxid, Harnsäure oder Schweiss (Buttersäure) ausgeschieden. Wenn dieser Kreislauf von Aufnahme und Ausscheidung der Säuren im Gleichgewicht ist, ist alles in Ordnung.
Allerdings ist unsere heutige Ernährung durch die Überlast von tierischen Eiweissen so Säurelastig, dass dieser Regelkreislauf bei fast allen Menschen nicht mehr im Gleichgewicht ist. Was passiert nun, wenn der Körper nicht so viel Säuren ausscheiden kann, wie er aufgenommen hat? Er muss sie irgendwo „zwischen“ lagern. Dieses „Lager“ ist das Bindegewebe.
Um durch die Säuren im „Lager“ keinen Schaden anzurichten, muss der Körper sie mit Ausgleichsstoffen zunächst „neutralisieren“. Dafür braucht er eine große Menge an Mineralstoffen, die in der Lage sind, die Säuren zu binden. Diese nimmt der Körper entweder aus der ihm zur Verfügung stehenden Nahrung, wenn diese aber nicht sehr Mineralstoff haltig ist, löst er diese Mineralstoffe aus dem Bindegewebe heraus. Das gilt vor allem für die Knochen, und eben auch für den Gelenk-Knorpel. So führt eine chronische Übersäuerung zu einem schleichenden Abbau des Gelenkknorpels. Dies macht sich zuerst an seiner mangelnden Eigenschaft, Wasser zu binden und wieder loszulassen (Stoss mindernde Wirkung) deutlich, später auch durch die Reduzierung der Knorpel-Masse.
Dr. Lothar Wendt vertritt in seinen Forschungen die Hypothese, dass der Körper auch in der Lage ist, Eiweisse zu speichern, bevor sie verstoffwechselt werden. Diese Eiweiss-Speicher liegen nun auch direkt am Übergang zwischen dem Blutkreislauf und den Zellen des Bindegewebes. Hier lagert der Körper auch überschüssiges Eiweiss ab. So kommt es also bei einer sehr Eiweissreichen Ernährung (und das ist sie in den sog. Wohlstandsländern) zu zwei Effekten: auf der einen Seite wird der Säureüberschuss durch den Abbau von Mineralstoffen im Körper gebunden, zum anderen werden die Wege zu einem schnellen Abtransport der überschüssigen Säuren durch Eiweissablagerungen verstopft. Wer schon einmal gesehen hat, wie das Eiweiss eines Hühnereis in einem Topf mit heissem Wasser ausflockt, kann nachvollziehen, wie tierisches Eiweiss im Körper die Kapilaren (kleinste Blutgefäße im Bindegewebe) verklebt.
Weitere Auswirkungen
Die nicht ausreichend verdauten Eiweisse und die gebundenen Säuren im Bindegewebe sorgen so auf vielen Ebenen dafür, dass der Austausch zwischen dem Blut und den Zellen des Bindegewebes für die Versorgung mit Nahrung und den Abtransport der Stoffwechsel-Abbau-Produkte oder Giftstoffe nicht mehr ausreichend funktioniert.
Damit ist die Grundlage für eine Vielzahl, auf Stoffwechselstörungen zurück zu führende Krankheiten, gelegt. Häufig liegt hier auch eine mögliche Ursache für Schmerzen, die bisher nicht zu erklären waren.
Was kann man tun?
Die beste und nachhaltigste Methode ist eine grundsätzliche Ernährungsumstellung (s. weiterer Beitrag) auf eine vollwertige, basische Ernährung. Sie bietet die Möglichkeit, die Eiweisspeicher zu leeren und den Körper vom Säureüberschuss zu befreien.
Als Akut-Maßnahme können auch sog. Basenpulver bzw. Tabletten helfen. Dabei sollte aber folgendes beachtet werden:
- Basenpulver werden schon im Magen neutralisiert und haben dann kaum noch Auswirkungen auf den Stoffwechsel
- Basentabletten werden meist im Dünndarm aufgelöst und können hier aufgenommen werden. Durch das sowieso basische Millieu des Dünndarms kann es hier aber bei langfristiger Einnahme zu Störungen der Darmflora kommen
- Grundsätzlich regen Basenpulver durch ihre Säurebindende Wirkung die vermehrte Produktion von Magensäure an und sind daher eher von geringem Nutzen für den Säure-Basen-Haushalt
Psychische Faktoren
Nicht vergessen sollte man den Einfluss der Psyche auf den Säure-Haushalt. Nicht umsonst sagen wir: „Der ist aber sauer“, wenn jemand so richtig wütend ist. Stress und Wut haben eine ungünstige Auswirkung auf den Säurehaushalt. Deshalb ist auch regelmäßige Meditation ein wirksames Mittel gegen Übersäuerung.
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Hallo, schöner Beitrag, aber ich habe in meinen Selbstversuchen zur Sauerkraut-App über ein viertel Jahr fast jeden Urin pH-vermessen.
Wenn man trotz „gesunder Lebensweise“, so wie ich, extrem übersäuert war (Entgleisungsstufe 3) ist der Urin morgens basischer als am Tag.
Ich kann gern das Diagramm zur Verfügung stellen.
Medizinische Spekulationen gibt’s genug, nur der Versuch macht klug.
Hallo Mathias, danke für Deinen Hinweis. Diese „Sauerkraut-App“ sagt mir leider noch nichts, ich werde mich mal schlau machen. Da ich nur medizinischer Laie bin, kann ich Deine Beobachtungen nicht erklären bzw. sie interpretieren. Ich wollte in meinem Beitrag nur darauf hinweisen, dass die Messung des PH-Wertes im Morgenurin nur eine begrenzte Auskunft über die Übersäuerung des Körpers liefert. In diesem Sinne sehe ich keinen Widerspruch zu Deinen Aussagen.
Hallo Hans-Jürgen,
ich bin auch medizinischer Laie. Aber gerade deshalb muß man aufpassen, dass man sich seine gute Aktion nicht mit schlechten Argumenten zerschießt.
Mir ging’s um den Satz: „Der Morgenurin ist also IMMER sauer, und es ist auch gut so, dass hierüber überschüssige Säure ausgeschieden wird.“
Das ist nur der gesunde Standard und der wird immer seltener.
Gruß
Mathias
Hallo Mathias, Danke für den Hinweis, jetzt verstehe ich es besser! Ich werde das in den Text mit aufnehmen, vielen Dank! Liebe Grüße Hans-Jürgen
Hallo Hans Jürgen, beschäftige mich schon einige Jahre mit der Übersäuerung des Körpers, dankbar bin ich über Ihren Hinweis des morgendlichen sauren PH Wert , findet man oft andere Aussagen. Also das ist dann gut so.
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